Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
vermutlich müssen wir uns in den nächsten mindestens 3,5 Jahren einfach daran gewöhnen, dass das Zoll-Hickhack genauso zum Börsenalltag gehört, wie jeden ersten Freitag im Monat die US-Arbeitsmarktdaten oder die monatliche Veröffentlichung des ZEW-Index. Mit dem Unterschied, dass bei den Konjunkturdaten der Termin feststeht und das Ganze – im Vergleich zum Trumpschen Zollchaos – weitaus berechenbarer ist.
So geschehen in dieser Woche, als der beste Präsident aller Zeiten am vergangenen Wochenende verkündete, dass die gegen China verhängten Strafzölle nun doch wieder in dieser Höhe für mindestens 90 Tage ausgesetzt werden. Was danach kommt, wer weiß das schon. Und auch diesmal kann niemand sagen, er habe von nichts gewusst. Denn der Börseninsider Trump hat über die sozialen Medien (wo liest man heutzutage sonst seriöse Börsennachrichten) schon Tage vorher wieder dazu geraten, jetzt endlich Aktien zu kaufen. Ein Tipp, dem er höchstwahrscheinlich selbst gefolgt ist.
Erwartungsgemäß sprangen die Lemminge wieder alle auf und der DAX sprang zu Wochenbeginn mit 23.911 Punkten auf ein neues Rekordhoch. Damit rückt die 24.000er Marke in greifbare Nähe. Ob sie noch erreicht wird und wie nachhaltig die Kursgewinne sind, damit beschäftige ich mich wie immer in der Rubrik Marktstimmung & Ausblick. Dort werfe ich außerdem auch einen Blick auf die Stimmungs- und Indikatorenlage und die technische Verfassung des DAX.
Neben der Entspannung im Zollstreit zwischen China und den USA gab es auch einen neuen Hoffnungsschimmer, dass der verheerende Angriffskrieg Russlands in der Ukraine zumindest in einen Waffenstillstand übergehen könnte. Die Meldung, die bei Rüstungsaktien am Montag für deutliche Kursverluste sorgte, wirkte sich aber glücklicherweise positiv auf den Gesamtmarkt aus.
Die insgesamt freundlichere Stimmung hat auch im AktivInvestor-Depot für Zugewinne gesorgt. Aber nicht nur das, sondern auch zahlreiche Quartalsbilanzen von Depotwerten, die – wie im Falle Bayer – besser als erwartet ausfielen, sorgten für Kursgewinne. Alle weiteren wichtigen Nachrichten zu einzelnen Depotwerten erfahren Sie wie immer im Depot-Update sowie in der aktuellen Performance-Übersicht des AktivInvestor-Depots.
Nach der Vorlage von Quartalszahlen haben ich mir in der Watchlist wieder einmal Coinbase genauer angeschaut, da ich hier dem Verkauf im Februar immer noch nachtrauere. Was ich aktuell davon halte, erfahren Sie im Watchlist-Update.
Konjunkturdaten von Relevanz für die Börse liefen in dieser Woche ebenfalls schon über den Ticker. Die aus meiner Sicht wichtigsten stelle ich Ihnen neben einigen Unternehmensmeldungen wie gewohnt im News-Update vor.
In der Rubrik Finanzwissen stelle ich Ihnen diesmal vor, was Hindenburg-Omen
Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre der vorliegenden Ausgabe.
Es grüßt Sie herzlich, Ihr
Torsten Pinkert (Chefredakteur)
Marktstimmung & Ausblick
DAX-Rekord, neue Zoll-Deals und Quartalsbilanzen im Depot
Mit großer Erleichterung haben zu Wochenbeginn die Märkte auf die Meldung von Wochenende reagiert, dass es zwischen China und den USA eine vorübergehende Einigung im Zollstreit gegeben hat. So sollen zumindest für die nächsten 90 Tage die bislang angekündigten gegenseitigen Zölle ausgesetzt werden. Den neuen Zollsatz für Importe aus China hat die USA von 145 Prozent auf 30 Prozent gesenkt. China wiederum wird auf Einfuhren aus den USA Zölle von 10 Prozent (statt wie bisher 125 Prozent) erheben.
Die Aktienmärkte starteten mit Kurssprüngen in die neue Handelswoche, der DAX erreichte mit 23.911 Punkten ein neues Rekordhoch und hat damit die nächste Runde Marke im Blick. Die Euphorie wich aber schnell der Realität, denn nach 90 Tagen wird das Gezerre und Gefeilsche vermutlich erneut beginnen. Und wenn Investoren etwas nicht mögen, dann ist es permanente Unsicherheit und ständige Richtungsänderungen. Was wiederum die einzige Konstante in der Politik von Donald Trump zu sein scheint. Deshalb folgten auf den neuen DAX-Rekord prompt Gewinnmitnahmen und der deutsche Leitindex fiel schnell wieder auf 23.600 Punkte zurück. Und auch die nächsten Wochen und Monate dürften hochvolatil bleiben, da die Wirtschaftspolitik der USA völlig unkalkulierbar bleibt und sich je nach Laune des US-Präsidenten verändern kann.
Endlich einmal etwas positivere Signale kamen aus der Ukraine. Denn hier hat sich der Westen zuletzt wieder zusammengerauft und zusammen mit den USA den Druck auf Putin erhöht. Gefordert wird eine 30-tägige Waffenruhe, um in dieser Zeit einen Frieden zu verhandeln. So erfreulich die neue Einigkeit des Westens ist, so wenig scheint das Putin zu interessieren. Der lenkt ab mit taktischen Friedensgesprächen in Istanbul, die es aber vermutlich aufgrund seiner Forderungen nicht geben wird. Und während dieses neuen Ablenkungsmanövers erhöht er den Angriffsdruck in der Ukraine. Bleibt zu hoffen, dass die neugewonnene Einigkeit endlich dazu führt, dass der wirtschaftliche Sanktionsdruck gegenüber Russland erhöht und die militärische Unterstützung der Ukraine wieder hochgefahren wird. Und damit endlich ein Frieden absehbar.
Während die US-Notenbank zuletzt den Leitzins unverändert bei 4,25 bis 4,5 Prozent belassen hat und damit auf die möglichen Auswirkungen der Zollpolitik von Trump auf Inflation und Wirtschaftsentwicklung reagiert, senkte die Europäische Zentralbank (EZB) im letzten Monat zum siebten Mal in Folge den Leitzins für die Eurozone auf aktuelle 2,25 Prozent. Was Kreditschuldner freut und Sparer verzweifeln lässt. Bislang ist nicht erkennbar, dass sich an der EZB-Politik etwas ändert, so dass auf der nächsten Sitzung im Juni der Leitzins für die Eurozone auf 2,0 Prozent fallen könnte. Damit nimmt die Zinsdifferenz zwischen den USA und der EU weiter zu und das könnte den Druck auf den Euro wieder etwas erhöhen und sich negativ auf Exportwerte auswirken.
Sentiment- und Indikatorenlage
Neue Rekorde im DAX und eine Unterbrechung im Handelskonflikt zwischen den USA und China heben auch die Stimmung der Anleger weiter an. Der von CNN berechnete Fear & Greed Index auf den S&P 500, der vor fünf Wochen noch bis auf 4 Punkte eingebrochen ist, erholt sich weiter und legt nach den 58 Punkten aus der Vorwoche in dieser Woche weiter auf aktuell 66 Punkte zu. Damit rückt nun sogar der Bereich „Extreme Greed“ näher, nachdem bei den Anlegern vor rund einem Monat noch extreme Angst überwogen hat.
Das von der Börse Stuttgart berechnete Euwax Sentiment, das die Stimmung deutscher Anleger misst, hat sich dagegen von 10 Punkten aus der Vorwoche auf -2 Punkte abgeschwächt. Mit dem neuen DAX-Rekord scheinen sich Anlegerinnen und Anleger verstärkt gegen mögliche Kursverluste abzusichern.
Ein etwas anderes Bild beim Angstindex VIX (CBOE Volatility Index), der die Schwankungsbreite des S&P 500 misst. Hier beruhigt sich die Lage weiter, denn der VIX, der Anfang April noch bei über 50 Punkten lag, fällt nach 24 Punkte in der Vorwoche weiter auf aktuell 18 Punkte.
Verbessert hat sich auch das von der American Association of Individual Investors (AAII) berechnete Anleger-Sentiment. Die Zahl der bullisch eingestellten Anleger steigt von 20,9% in der Vorwoche auf 29,4%. Die Zahl der bärisch eingestellten Anleger geht von 59,3% auf 51,5% zurück.
DAX nimmt nun auch Schwung auf in Richtung 24.000 Punkte
Nach dem vorläufigen Handelsdeal zwischen China und den USA, der vergangenes Wochenende ausgehandelt wurde, startete der deutsche Aktienmarkt mit viel Schwung in die neue Woche und sprang direkt nach Handelsbeginn auf das neue Rekordhoch bei 23.911 Punkten. Viel fehlte damit nicht mehr bis zur nächsten runden Marke. Danach nahmen Anleger allerdings auch schon wieder Gewinne mit und der deutsche Leitindex konsolidiert aktuell im Bereich von 23.600 Punkte, liegt damit aber immer noch deutlich über seinem letzten Rekordhoch aus dem März bei 23.476 Punkten.
Auf der Oberseite liegt damit der nächste signifikante Widerstand am Rekordhoch vom Montag bei 23.911 Punkten, darüber dann an der runden Marke von 24.000 Punkten.
Auf dem Weg nach unten sollten Anleger bildet das Rekordhoch vom März bei 23.476 Punkten die erste wichtige Unterstützung, darunter liegen die nächsten wichtigen Haltemarken u.a. an der runden Marke von 23.000 Punkten, bei 22.955 Punkten (Zwischenhoch vom Februar), bei ca. 22.570 Punkten (Zwischenhoch vom April) und dem Februar-Zwischentief bei ca. 22.230 Punkten.
Update: News zu Depotwerten
In der vergangenen Woche gab es zahlreiche Nachrichten zu Einzelwerten aus dem AktivInvestor-Depot. Hier der Überblick:
q.beyond: Steigerung der Ertrags- und Finanzkraft in Q1/2025 und bestätigte Prognose
Vor knapp vier Wochen habe ich die Aktien des Digitalisierungsspezialisten q.beyond ins AktivInvestor-Depot aufgenommen, gekauft wurde die Papiere am 24. April 2025 zum Kurs von 0,7560 Euro. Kaufgründe sind vor allem meine Erwartung einer positiven Geschäftsentwicklung aufgrund der Positionierung des Unternehmens in Wachstumsfeldern wie Cloud Computing, IT-Security und künstlicher Intelligenz. Klappt das, dann könnte auch der Aktienkurs einen Boden ausbilden und mittelfristig sogar wieder den Pennystock-Bereich verlassen.
In der kurzen…