Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
zwar haben politische Börsen bekanntlich kurze Beine, aber die Vielzahl der weltweiten politischen Brennpunkte vermasselt Anlegerinnen und Anlegern dann doch irgendwann die Stimmung. Dabei haben wir uns sogar an das vom besten Präsidenten aller Zeiten ausgelöste Zollchaos und mögliche Handelskonflikte bereits gewöhnt. Und auch der Ukrainekonflikt ist inzwischen leider oft nur noch eine Randnotiz.
Neu hinzugekommen ist aber nun der offene Krieg zwischen den Erzfeinden Israel und Iran, der in einer unglaublichen Härte durchgeführt wird. Die Eskalation im Nahen Osten hinzugenommen war dann doch irgendwann zu viel: Der Ölpreis geht durch die Decke und die Aktienmärkte sacken ab. Gesucht werden dagegen weiter vermeintlich sichere Anlagen wie Gold oder der Bitcoin. Selbst die zuletzt kräftig unter Druck geratenen Anleihemärkte konnten wieder zulegen. Bleibt zu hoffen, dass sich ein Vermittler findet, der die Konfliktparteien an einen Tisch bringt und das Töten ein Ende findet. Das wäre doch mal was, Mr. Trump?
Eine spannende Wende deutet sich an den Zinsmärkten an. Während die EZB nach der Zinssenkung in der letzten Woche Signale sendet, dass es erstmal einen (vielleicht längere) Pause geben könnte, geben Inflations- und Arbeitsmarktdaten in den USA der Fed neue Spielräume für mögliche Zinssenkungen. Das würde die Zinsschere zwischen der Eurozone und den USA wieder etwas verkleinern und vielleicht auch den Abwärtstrend des Dollarkurses (gegenüber dem Euro) verlangsamen.
Viel Stoff also, mich dem ich mich im Abschnitt Marktstimmung & Ausblick beschäftigen kann. Zur These der kurzen Beine von politischen Börsen passen übrigens auch die Stimmungsindikatoren, die ich Ihnen in der Sentiment- und Indikatorenlage vorstelle. Denn hier verbessern sich viele Werte trotz der gestiegenen Unsicherheit.
Zu berichten gibt es in dieser Woche eine Neuaufnahme im AktivInvestor-Depot, die ich letzte Woche bereits angekündigt hatte. Was sonst noch bei einzelnen Depotwerten passiert ist, erfahren Sie im Depot-Update und in der Übersicht zum AktivInvestor-Depot.
Bei den Wirtschaftsnachrichten standen in den letzten Tagen die Verbraucherpreise im Fokus, nachzulesen wie gewohnt im News-Update.
Viel Spaß mit der Lektüre der vorliegenden Ausgabe.
Es grüßt Sie herzlich, Ihr
Torsten Pinkert (Chefredakteur und Herausgeber)
Marktstimmung & Ausblick
Geopolitische Risiken drücken auf die Anlegerstimmung
In dieser Woche bestimmt ganz klar der Krieg im Nahen Osten die Richtung an der Börse. Am vergangenen Wochenende hatte Israel zahlreiche Ziele im Iran angegriffen um zu verhindern, dass dort tatsächlich eine Atombombe fertiggestellt werden kann. Die Schläge, die wohl über Jahre geplant wurden, waren dabei so effektiv, dass eine echte Gegenwehr des Iran bislang ausblieb. Und auch ein Großteil der vom Iran abgefeuerten Raketen konnten abgefangen werden. Trotz der bislang schon heftigen Auseinandersetzung droht aber eine weitere Eskalation, die zu einem Flächenbrand in der Region führen könnte. Und sollte Iran tatsächlich die Straße von Hormus blockieren, hätte das drastische Auswirkungen auf den Welthandel, da rund 20 Prozent des weltweiten Ölbedarfs über diese Route transportiert werden. Ganz zu schweigen von anderen wichtigen Gütern, die über diesen Weg zu den Verbrauchern gelangen. Der Ölpreis hat entsprechend in den letzten Tagen schon kräftig zugelegt. Eine Blockade würde auch bedeuten, dass wohl die USA aktiv in den Konflikt eingreifen müssten und dieser damit eine neue Dimension erhalten würde.
An der Börse hat der offene Schlagabtausch zwischen den zwei Erzfeinden die Stimmung der Anleger – und damit die Kurse – gedrückt. Der DAX ist mit einem kräftigen Abschlag in die neue Handelswoche gestartet. Die Nervosität der Anleger nimmt zu und die Risikoaversion steigt. Das zeigt sich auch beim als sicherer Hafen wahrgenommenen Gold, denn hier bewegt sich der Kurs weiter knapp unter dem Allzeithoch.
Für Bewegung gesorgt hat in der vergangenen Woche auch die Europäische Zentralbank (EZB). Die hat den Leitzins erwartungsgemäß (und zum siebten Mal in Folge) um 25 Basispunkte auf 2,00 Prozent gesenkt. Allerdings mehren sich die Signale, dass jetzt erstmal eine Zinspause folgen könnte. Anders die Signale in den USA: Dort hat sich die Fed bislang erfolgreich gegen die Forderungen von Trump gestellt, den Leitzins massiv zu senken und damit die Konjunktur anzukurbeln. Die Fed berief sich dabei stets auf die Inflationsrisiken, die aufgrund der unberechenbaren Handels- und Zollpolitik von Trump bestehen. Allerdings haben jüngste Arbeitsmarkt- und Inflationsdaten die Hoffnung der Anleger geweckt, dass die Zinsen eher als bislang angenommen sinken könnten. Außerdem ist auch die Erwartung bezüglich der Höhe der Zinssenkungen gestiegen. Bislang wird für dieses Jahr noch mit zwei kleinen Zinsschritten von jeweils 25 Bsp. gerechnet. Sinken die Zinsen tatsächlich stärker als bislang angenommen, könnte das der Börse nochmal Schwung geben. Bleibt alles wie gehabt, würde das angesichts der wachsenden Zinshoffnungen bereits für eine Enttäuschung ausreichen.
Nach zwei Jahren ohne Wachstum mehren sich dagegen in Deutschland die Anzeichen auf eine Aufhellung der Wirtschaftslage. Bereits in ersten Quartal lag das Wirtschaftswachstum mit 0,4 Prozent doppelt so hoch wie erwartet. Außerdem hat das ifo-Institut seine Prognose für das BIP-Wachstum für 2026 von 0,8 Prozent auf 1,5 Prozent erhöht. Bleibt zu hoffen, dass hier Donald Trump den Experten keinen Strich durch die Rechnung macht. Allerdings zieht auch die Binnennachfrage in Deutschland kräftig an, was mögliche Exportschwächen ausgleichen könnte. Positivere Signale kommen am Dienstag auch vom vielbeachteten ZEW-Konjunkturindex, denn der steigt im Mai auf 47,5 Punkte, gerechnet wurde nur mit einem Anstieg auf 34,8 Punkten (nach 25,2 Punkten im Vormonat).
Der DAX jedenfalls hat in den letzten Monaten bereits einiges an Hoffnung auf ein Ende der Wirtschaftskrise in Deutschland vorweggenommen.
Sentiment- und Indikatorenlage
Trotz schwächerer Börsen schlägt sich der Krieg im Nahen Osten bislang nicht negativ auf die Stimmungs- und Indikatorenlage nieder.
Der von CNN berechnete Fear & Greed-Index auf den S&P 500, der letzte Woche auf 64 Punkte gestiegen ist, fällt nur leicht auf 62 Punkte zurück und hält sich damit weiter im Greed-Bereich. Die beobachteten Anleger spekulieren also auf weiter steigende Kurse.
Sogar zulegen kann das von der Börse Stuttgart berechnete Euwax Sentiment. Von +4 Punkten in der Vorwoche steigt es auf hält er sich auch +7 Punkte und signalisiert, dass die Absicherungen gegen Kursrücksetzer weiter zurückgefahren werden.
Auswirkungen hat die in den letzten Tagen wieder gestiegene Volatilität auf den Angstindex VIX (CBOE Volatility Index), der die Schwankungsbreite des S&P 500 misst. Nach deutlichen Rückgängen in den vorangegangenen Wochen steigt dieser wieder von 16,6 Prozent auf 20,5 Prozent. Investoren rechnen in den nächsten Wochen offenbar wieder mit deutlicheren Kursausschlägen.
Ins Bild passt auch das von der Association of Individual Investors (AAII) berechnete Anleger-Sentiment, das sich ebenfalls verbessert hat. Die Zahl der bullisch eingestellten Anleger steigt von 32,7% auf 36,7 Prozent, die der bärisch eingestellten Anleger fällt von 41,4% auf 33,6 Prozent. Scheinbar rechnen in den USA viele Anlegerinnen und Anleger trotz der geopolitischen Risiken mittelfristig weiter mit steigenden Kursnotierungen. Was zur eingangs erwähnten These der kurzen Beine von politischen Börsen passt.
DAX40: Nervosität der Anleger drückt DAX Richtung 23.000 Punkte-Marke
Vergangene Woche rang der DAX noch mit der 24.000er-Marke, diese Woche wird der Kampf eine Etage tiefer ausgefochten. Die hohe Nervosität der Anleger nach der Eskalation im Nahen Osten sorgt für Kursverluste und trübt so das charttechnische Bild genauso ein, wie die Indikatorenlage, weshalb sich der deutsche Leitindex wieder Richtung 23.000 Punkte bewegt.
Am heutigen Dienstag gibt der DAX bislang rund ein Prozent auf 23.400 Punkte nach und die Gefahr einer Korrekturausweitung wächst. Auf der Oberseite liegt der nächste wichtige Widerstand jetzt bei ca. 23.740 Punkten, dem Zwischentief Anfang Juni. Für weitere Kursgewinne müsste danach die runde Marke von 24.000 Punkten überwunden werden, um den Weg Richtung Mai-Top bei 24.326 Punkten und danach dem bisherigem Rekordhoch bei 24.479 Punkten freizumachen.
Wahrscheinlicher erscheint aktuell aber ein Konsolidierungsszenario mit weiter stark schwankenden Kursen Richtung 23.000 Punkte. Um danach nicht in einen Abwärtstrend zu geraten, sollten wichtige Marken bei 23.275 Punkten (Zwischentief aus dem Mai), an der runden Marke von 23.000 Punkten, dem Zwischentief aus dem Februar bei ca. 22.955 Punkten sowie dem Februar-Zwischentief bei ca. 22.230 Punkten halten.
Update: News zu Depotwerten
In der vergangenen Woche gab es zahlreiche Nachrichten zu Einzelwerten aus dem AktivInvestor-Depot. Hier der Überblick:
Puma SE: Neu im AktivInvestor-Depot
Wie in der Vorwoche im Watchlist-Update bereits angekündigt, gibt es diese Woche einen Neuzugang im AktivInvestor-Depot. Ich nutze den kleinen Rücksetzer Anfang dieser Woche und nehme heute zum Xetra-Schlusskurs die Aktien des Sportartikelherstellers Puma SE ins Depot auf.
Wie bei der Erstvorstellung in Ausgabe 22/2025 und im