Unter weit über Tausend an der Deutschen Börse gehandelten ETFs können AnlegerInnen inzwischen wählen, um ihre Anlagestrategie umzusetzen, ihr Portfolio breit zu diversifizieren und damit auch das Risiko zu verteilen. Das stetig wachsende Angebot ist breit gefächert und erlaubt die Spekulation auf eine Vielzahl von Indizes, Branchen, Ländern, Produkten oder ganz speziellen Themen. Eine breite Selektion ist darüber hinaus auch bei den Anbietern, der Performance oder der Anlageart (Einmalinvestment oder sparplanfähige ETFs) möglich.
Die große Vielfalt ist aber nicht nur Segen, sondern oft auch ein ganz klein wenig Fluch. Denn damit hast Du die Qual der Wahl und bist selbst dafür verantwortlich, aus der großen Anzahl verfügbarer ETFs den zu Deiner Anlagestrategie passenden ETF zu finden. Und das kann zugegebenermaßen manchmal ganz schön mühsam sein.
Aber zum Glück gibt es inzwischen jede Menge Anbieter, die Dir eine ETF-Suchfunktion bieten und wo Du über Filterfunktionen die Auswahl ganz gezielt auf Deine Bedürfnisse anpassen kannst. Du musst Dir also nur noch Gedanken machen, wie Deine Anlagestrategie aussehen soll und welche Kriterien deshalb für Dich wichtig sind. Damit auch das für Dich zukünftig kein Problem mehr ist, stellen wir Dir hier die wichtigsten Kriterien, auf die Du bei der Auswahl zu Deiner Anlagestrategie passender ETFs unbedingt achten solltest, vor.
- Ganz wichtig: Die Grundannahme für die nachfolgende Betrachtung ist deshalb, dass Du bereits eine Anlagestrategie hast, für die Du nun nur noch die passenden Produkte finden willst. Ist das nicht der Fall, dann empfehlen wir Dir unseren Beitrag: Welcher Anlagetyp bin ich und welche Anlagestrategie passt zu mir?
1 Welche Replikationsmethode liegt dem ETF zugrunde?
Die Replikationsmethode gibt an, wie der ETF den zugrunde liegenden Index abbildet. Unterschieden wird hier zwischen der physischen Replikation (bzw. vollen Replikation) und der synthetischen Replikation (einer auf Swaps basierenden Replikation). Klingt erstmal kompliziert, ist es aber nicht. Denn die jeweiligen Replikationsmethoden beschreiben nur, wie der ETF die im Index enthaltenen Werte tatsächlich abbildet.
Physisch replizierender bzw. physischer ETF
Bei einem physisch replizierenden ETF sind – ganz vereinfacht gesprochen – die im Index enthaltenen Werte auch „tatsächlich da“. Das bedeutet, der ETF bildet den Index nach, indem alle im Index enthaltenen Werte auch entsprechend ihrer Indexgewichtung physisch gekauft und gehalten werden. Ergeben sich Änderungen in der Indexzusammensetzung (z.B. Neuaufnahmen oder Anteilsveränderungen), dann werden diese ebenfalls durch den Kauf bzw. Verkauf der betroffenen Einzelwerte nachvollzogen.
Werden alle Werte im Index mit ihrer jeweiligen Gewichtung gekauft, spricht man von einer physischen Voll-Replizierung. Daneben gibt es auch noch die physisch optimierte Replizierung (auch Sampling genannt). Das ist beispielsweise der Fall, wenn sich in einem Index sehr viele Werte befinden und einige davon sehr klein oder illiquide sind. Dann wäre es sehr aufwendig und teuer, wirklich alle Einzelwerte des Index zu kaufen, um diesen exakt nachzubilden. ETF-Anbieter beschränken sich in diesem Falle häufig dazu, besonders kleine Werte im Index nicht zu kaufen, sondern konzentrieren sich auf große und liquide Werte, die gleichzeitig das Risikoprofil des ETF ausreichend widerspiegeln.
Da der Bestand eines physisch replizierenden ETF rechtlich zum Sondervermögen gehört, ist er vom Betriebsvermögen des ETF-Anbieters getrennt und kann im Falle einer Insolvenz nicht der Insolvenzmasse zugerechnet werden.
Synthetisch replizierter ETF
Das bereits beim Sampling erwähnte Problem, dass sich viele Indizes aus sehr vielen Einzelwerten und oft auch kleinen und illiquiden Werten zusammensetzen, führte zur Einführung swapbasierter, sogenannter synthetischer ETFs. Bei einem synthetischen ETF werden nicht direkt die im Index enthaltenen Titel gekauft, sondern andere Werte, als im zugrunde liegenden Index. Anschließned findet ein Tauschgeschäft (Swap) mit einem Finanzinstitut statt, um den jeweiligen Index „synthetisch“ nachzubilden. Die Gegenpartei, bei der es sich in der Regel um eine größere Bank handelt, garantiert dabei dem ETF-Anbieter die Rendite auf den zugrunde liegenden Index und erhält dafür im Tausch (Swap) die Rendite auf das vom ETF-Anbieter gehaltenen Portfolio.
Da es bei einem synthetischen Geschäft durch den Swap-Partner eine „dritten Partner“ gibt, besteht also ein Kontrahentenrisiko (das es so bei physischen ETFs nicht gibt). Fällt der Swap-Kontrahent aus, dann würde der ETF einen Verlust erleiden.
Synthetisch replizierte ETFs werden häufig dann eingesetzt, wenn der Zugang zu einem Markt bzw. zu Einzelwerten schwer möglich ist oder ein Index sehr viele niedrig gewichtete und illiquide Werte enthält.
Aufgrund ihrer recht komplizierten Ausgestaltung und Nachvollziehbarkeit für die Anleger hat sich in den letzten Jahren das Verhältnis deutlich zugunsten der physisch replizierten ETFs verschoben.
2 Welche Gesamtkosten verursacht der ETF?
Auch wenn ETFs erheblich günstiger sind, als beispielsweise klassische (gemanagte) Fonds, ganz kostenlos sind sie nicht. Wie hoch die Gesamtkosten für einen ETF sind, gibt die Kennzahl TER (steht für Total Expense Ratio) an. Darin enthalten sind z.B. Kosten wie die jährlichen Verwaltungsgebühren für den Fonds, Depotgebühren oder Vertriebs- und Lizenzkosten. In der Regel liegen die Gesamtkosten für einen Aktien- oder Anleihen-ETF zwischen 0,05 und 1 Prozent pro Jahr und damit weit unter den Kosten für einen klassischen Fonds.
Die TER findest Du in der Regel, wenn Du bei einem Online-Broker nach einem ETF suchst. Aber auch der ETF-Anbieter selbst oder ETF-Vergleichsportale liefern Dir diese wichtige Zahl. Die Total Expense Ratio ist dann besonders wichtig, wenn Deine Suche nach einem ganz speziellen ETF (z.B. einen ETF auf den US-Technologieindex Nasdaq100) aufgrund der Vielzahl an verschiedenen Anbietern mehrere Treffer ergeben hat. Stimmen alle anderen Einzelfaktoren der ETFs nahezu überein, dann kannst Du Dich hier für das Produkt mit den niedrigsten Kosten entscheiden. Auch wenn sich die Unterschiede im TER zwischen den verschiedenen Anbietern oft nur in der ersten Stelle nach dem Komma unterscheiden, kann sich ein Vergleich gerade bei größeren Anlagesummen und längeren Investitionszeiträumen durchaus lohnen.
Während es sich bei den TER also die laufenden Kosten für den ETF handelt, können zusätzlich bei Deinem Online-Broker für den Kauf und Verkauf eines ETF auch noch Ordergebühren oder Gebühren für die Kontoführung anfallen. Hier solltest Du Dich bei Deinem Online-Broker vor der ersten Transaktion informieren bzw. verschiedene Anbieter vergleich.
Ich selbst habe mein ETF-Depot bei Scalable Capital und profitiere hier zusätzlich sogar von aktuell 2,3 Prozent Zinsen auf nicht investierte Beträge.
3 Ausschüttender oder thesaurierender ETF
Beim Kauf eines ETF kannst Du entscheiden, ob der ETF seine laufenden Erträge, z.B. aus Dividenden oder Zinserträgen, an die Anteilseigner regelmäßig ausschüttet oder direkt wieder in den ETF reinvestiert, d.h. thesauriert.
Ausschüttender ETF
Ausschüttende ETFs sind bei Anlegern beliebt, da in regelmäßigen Abständen (z.B. quartalsweise oder jährlich) die Erträge an die Anleger ausgeschüttet werden. Bei Aktien handelt es sich dabei um Dividendenzahlungen, bei Anleihen um Zinserträge. Es existieren inzwischen zahlreiche Dividenden-ETFs, die gezielt in Dividendenwerte investieren und eine ziemlich attraktive Dividendenrendite erzielen. Aber auch Anleihe-ETFs können aufgrund der ausgeschütteten Zinserträge durchaus interessant für Anleger sein.
Ein ausschüttender ETF ist vor allem für Anleger interessant, die sofort regelmäßig (monatlich, vierteljährlich, jährlich) ein Zusatzeinkommen erzielen wollen. Im optimalen Fall, ohne das investierte Kapital selbst angreifen zu müssen.
Thesaurierender ETF
Bei einem thesaurierenden ETF werden die laufenden Erträge nicht an die Anteilseigner ausgeschüttet, sondern direkt wieder in den Fonds reinvestiert.
Thesaurierende ETFs vor allem für die Ansparphase interessant, da die Erträge direkt wieder in den Fonds fließen und damit zum einen durch den Kauf neuer Wertpapiere (unter Berücksichtigung der Indexzusammensetzung) das Fondsvermögen steigern und zum anderen zukünftig ebenfalls Erträge (z.B. durch Dividenden) erwirtschaften. Damit wird der sogenannte Zinseszinseffekt erzielt.
Ausschüttender vs. thesaurierender ETF
Da bei einem thesaurierenden ETF die Wiederanlage der Erträge vom ETF-Anbieter automatisiert erfolgt, entstehen für den Anteilseigner zudem keine zusätzlichen Kosten und kein extra Aufwand bei der Neuanlage der Erträge. Will ein Anleger eines ausschüttenden ETFs den gleichen Effekt erzielen, dann muss er selbst regelmäßig die vereinnahmten Erträge durch den Kauf von neuen ETF-Anteilen reinvestieren und die damit verbundenen Kosten tragen (Brokergebühr).
Bis auf eine jährlich zu zahlende Vorabpauschale werden beim thesaurierenden ETF Steuerzahlungen auf die erzielten Erträge erst beim Verkauf des ETF fällig. Das bedeutet, dass Anleger, die über einen langen Zeitraum in einen thesaurierenden ETF investieren (als Einmalzahlung oder über regelmäßige Sparbeträge) die Steuer auf die laufenden Erträge gestundet wird.
Bei einem ausschüttenden ETF erfolgt die Besteuerung der laufenden Erträge dagegen sofort bei deren Ausschüttung auf das Konto des Anteilseigners.
4 Fondsvolumen des ETF
Ein weiteres wichtiges Kriterium bei der Auswahl eines ETF ist die Größe des ETF, sichtbar am bislang bereits investierten Kapital bzw. dem Fondsvolumen. Je größer das Fondsvolumen, desto mehr Anteile sind in der Regel im Umlauf und desto liquider ist der Handel. Was wiederum für einen geringeren Spread zwischen An- und Verkaufskursen sorgt, und damit für niedrigere Orderkosten für AnlegerInnen.
Die Größe des Fondsvolumens ist aber auch ein sehr guter Indikator auf die Beliebtheit eines ETFs. Und da der Aufwand für den Fondsanbieter bei kleinen und großen Fondsvolumen fast identisch ist, können die Kosten für den ETF im Zeitverlauf sinken, wenn das Fondsvolumen steigt (das sind die sogenannten Skaleneffekte). Außerdem nehmen zahlreiche Anbieter nach einer gewissen „Probezeit“ den ETF wieder vom Markt, sollte er eine gewisse Größenordnung (die ihn für den Anbieter rentabel macht) nicht erreichen.
5 Ist der ETF sparplanfähig?
Wer sich langfristig ein Vermögen mit ETFs aufbauen will, beispielsweise als zusätzliche Säule für die eigene Altersvorsorge oder um einen Kapitalstock für die Ausbildung der Kinder aufzubauen, der sollte das in Form regelmäßiger gleichbleibender Zahlungen tun. Bei den meisten ETF-Anbieter kannst Du das in Form eines ETF-Sparplanes tun, meist schon ab einem Anlagebetrag von monatlich 10 Euro. Voraussetzung dafür ist, dass der gewählte ETF auch sparplanfähig ist, was Du ebenfalls bei Deinem ETF-Anbieter herausfinden kannst.
Die Höhe der regelmäßigen (in der Regel monatlichen) Zahlungen kannst Du ganz individuell Deiner persönlichen finanziellen Situation anpassen und diese auch im Zeitverlauf variieren. Wenn Du mit 25 Euro monatlich startest und beispielsweise nach einem Jahr Deine erste Lohnerhöhung erältst, kannst Du den Sparplan bei fast allen Brokern einfach und ohne zusätzliche Kosten anpassen, dann z.B. auf 50 Euro. Und wird es mal einen Monat eng, dann kann man den Sparplan auch problemlos pausieren.
Ein weiterer großer Vorteil eines Sparplanes ist, dass die meisten Anbieter für die Einrichtung und die monatlichen Anteilskäufe keine Gebühren verlangen. Gebühren entstehen dem ETF-Anleger also nur durch den Spread zwischen An- und Verkaufskursen und den ganz normalen Verwaltungsgebühren (TER wie unter Punkt 2 beschrieben).
Der ganz große Vorteil eines ETF-Sparplanes gegenüber einer Einmalanlage ist aber der berühmt (berüchtigte) Cost-Average-Effekt. Das bedeutet, dass Du in immer wiederkehrenden Abständen Anteile für einen gleich großen Betrag erwirbst. Gehen wir davon aus, dass über einen langen Investitionszeitraum (und den sollten Anleger immer bevorzugen!) der zugrunde liegende Index steigt, dann machen Dir Phasen mit Kursrückgängen wenig aus. Ganz im Gegenteil, denn in diesen Zeiten kannst Du aufgrund der gefallenen Kurse für das gleiche Geld deutlich mehr Anteile erwerben, d.h. Du erzielst einen positiven Durchschnittskosteneffekt. Wenn der zugrunde liegende Index dann wieder zulegt, sind Deine günstig erworbenen Anteile wieder mehr wert, von denen Du auch überdurchschnittlich viele kaufen konntest.