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Aktive ETFs: Rendite-Chance für Anleger oder nur alter Wein in neuen Schläuchen?

by AktivInvestor

Aktives Investieren und ETF: Eine Kombination, die sich bislang eher ausgeschlossen hat. Denn mit Exchange Traded Funds, also börsengehandelten Indexfonds bzw. kurz ETFs, verbinden Anleger die Vorteile des passiven Investierens aus niedrigen Kosten, hoher Transparenzeinfachem Handling beim An- und Verkauf und oft auch einer höheren Rendite als bei vergleichbaren aktiven Fonds. Alles Punkte, weshalb viele Anleger beim langfristigen Vermögensaufbau lieber in einen ETF investieren, als auf einen klassischen Fonds zu setzen.

In letzter Zeit werden aber immer häufiger aktive ETFs als nächste Innovation der Finanzbranche gepriesen, mit denen die Vorteile von ETFs aus Transparenz, Kosten und einfacher Handelbarkeit mit einem erfahrenen aktiven Fondsmanagement verbunden werden sollen, um so für die Anleger noch höhere Renditen die (sogenannte “Überrendite”) zu erzielen. Denn, so die Werbung der Finanzbranche für die neuen Produkte, kann ein aktiver Fondsmanager vor allem in schwierigen Zeiten oder in Nischenmärkten mit seiner langfristigen Expertise erfolgreicher agieren.

Deshalb wollen wir die Sache etwas genauer betrachten und versuchen, die Vor- und Nachteile eines ETF gegenüber einem aktiven ETF so objektiv wie möglich gegenüberzustellen. Hier müssen wir aber noch einen Schritt zurückgehen und uns zuerst ansehen, was eigentlich einen ETF von einem aktiv gemanagten Fonds unterscheidet.

ETF vs. “klassischer” Fonds: Das sind die wesentlichen Unterschiede

Ein Exchange Traded Fund bzw. ETF bildet immer einen Index nach, d.h. die im Index enthaltenen Werte sind auch im ETF –  physisch oder synthetisch repliziert – tatsächlich enthalten (den Unterschied zwischen einem physisch und einem synthetisch replizierten ETF kannst Du hier nachlesen).

Da der ETF den Index also 1:1 nachbildet, entspricht auch die Performance des ETF der Performance des Index, der ETF generiert also Beta.

Kosten

Um bei den Griechen zu bleiben: ein Fonds möchte dagegen Alpha generieren, also besser als der Vergleichsindex abschneiden. Dafür wird er aktiv gemanagt, also der Fondsmanager wählt Aktien aus, von denen er sich eine starke Performance verspricht, und kauft diese für den Fonds. Für diese Arbeit, für die der Fondsmanager meist noch ein Rechercheteam benötigt, muss er (inkl. Team) bezahlt werden. Außerdem hat die Fondsgesellschaft noch Verwaltungskosten zu bezahlen und will am Ende auch noch einen Gewinn erwirtschaften.

Wie Du siehst: Es ist kein Wunder, dass die Kosten für einen “klassischen” Fonds deutlich höher als die Kosten für einen ETF sind. Während bei einem aktiv gemanagten Fonds neben den üblichen Ausgabeaufschlägen von bis zu 5 Prozent vom Anteilswert auch noch eine laufende jährliche Managementgebühr von bis zu 2 Prozent anfällt, liegt die Gesamtkosten für einen ETF (Total Expanse Ratio bzw. ETF) meist zwischen Null und einem Prozent.

Transparenz

Ein ETF, der einen Index nachbildet, ist vollkommen transparent: Sowohl bzgl. der Werte, die sich im ETF befinden(die Werte aus dem Index, der passiv nachgebildet wird) als auch hinsichtlich der Preisstellung (An- und Verkaufskurse für den ETF an der Börse). Willst Du wissen, worin Du mit dem ETF investiert hast, musst Du Dir nur die Werte im Index anschauen.

Fonds sind weniger transparent, denn hier entscheidet dagegen ganz allein der Fondsmanager, welche Werte ge- und verkauft werden. Zwar muss der Fonds in regelmäßigen Abständen in Form eines Anlageberichts darüber informieren, in welche Werte er investiert hat. Die Fonds-Zusammensetzung kann sich aber im Zeitraum zwischen zwei Berichten bereits ändern.

Handelbarkeit

Bei ETFs handelt es sich um börsengehandelte Produkte, die – wie Aktien – an der Börse gehandelt werden und für die dort während der Börsenhandelszeiten immer Kauf- und Verkaufskurse gestellt werden. Bei einem Verkauf kommst Du deshalb auch sehr viel schneller an Dein Geld.

Anteile an einem Fonds können über den Anbieter oder über eine Bank gekauft werden.

Performance

Allein durch die höheren Kosten eines Fonds gegenüber einem ETF verlieren AnlegerInnen schon einen Teil der Performance. Verlangt ein Fonds beispielsweise einen Ausgabeaufschlag von 5 Prozent und eine jährliche Managementgebühr, dann muss der Fonds im ersten Jahr mindestens 7 Prozent zulegen, damit Du wieder bei Null bist. In den Folgejahren muss die jährliche Rendite dann immer bei mindestens 2 Prozent liegen, damit Du keine Verluste erleidest (die Inflation ist dabei nicht mal berücksichtigt). Bei einem ETF liegen die jährlichen Kosten im Schnitt zwischen 0,25 und 0,5 Prozent, hier ist die Gewinnschwelle also wesentlich schneller erreicht.

Darüber hinaus belegen zahlreiche wissenschaftliche Studien, dass es aktiv gemanagte Fonds über einen langen Betrachtungszeitraum nicht schaffen, den Markt zu schlagen. Und da ETFs genau das tun, also einen bestimmten Markt (Index) abbilden, sind sie für den langfristigen Vermögensaufbau oft die weitaus bessere Wahl. Wichtig ist dabei, dass es sich beim Index um einen ausreichend diversifizierten handelt bzw. das Portfolio aus verschiedenen ETFs breit gestreut ist.

Ein sehr guter Indikator bezüglich der Performance-Unterschiede zwischen passiven ETFs und aktiv gemanagten Fonds ist der SPIVA-Indikator, der die Performance-Unterschiede zwischen aktiv gemanagten Fonds und ihrer Benchmark für einzelne Regionen misst.

Zum Zeitpunkt dieses Beitrages lagen über die letzten zehn Jahre betrachtet in Europa 87,81 Prozent aller aktiv gemanagten Fonds hinter ihrer Benchmark zurück!

SPIVA-Indikator Stand 01.03.2023

Bildquelle: S&P Dow Jones Indices

Aktive ETFs: Soviel ETF und soviel “klassischer Fonds” sind mit drin

Mit einem aktiven ETF versucht die Finanzbranche nun, das Beste aus beiden Welten – also ETF und “klassischer Fonds” – zu verbinden. Ziel ist es, mit einem aktiven Fondsmanagement eine (im Vergleich zum Benchmark) überdurchschnittliche hohe Rendite zu erzielen, das aber mit den vielen Vorteilen eines ETF wie niedrigeren Kosten und der börsentäglichen Handelbarkeit der ETF-Anteile.

  • Performance: Im Unterschied zum passiven ETF orientiert sich das Fondsmanagement aber nicht an einem Index, sondern trifft eigene Anlageentscheidungen, in welche Einzelwerte das Geld der ETF-Anleger investiert wird. Hier unterscheidet sich der aktive ETF also nicht vom “klassischen” Fonds, denn der Fondsmanager versucht, durch Stock Picking eine Überrendite gegenüber dem Vergleichsindex zu erzielen. Kurzfristig und in gewissen Nischen kann das durchaus sinnvoll sein, wenn der Fondsmanager hier über eine besondere Expertise verfügt (z.B. bestimmte Branchen- oder Länderkenntnisse). Mittel- bis langfristig gibt es allerdings keine Unterschiede zum aktiv gemanagten “klassischen” Fonds, der über einen langen Zeitraum äußerst selten seine Benchmark schlägt.
  • Kosten: Wie beim “klassischen” Fonds, verursacht auch das Fondsmanagement beim aktiven ETF Kosten. Die sind in der Regel zwar nicht ganz so hoch wie beim Fonds, liegen allerdings über denen des passiven Index-ETFs und schmälern die Rendite von Anlegerinnen und Anlegern.
  • Transparenz: Auch hier ähnelt der aktive ETF sehr dem “klassischen” Fonds, denn das Fondsmanagement orientiert sich nicht an einem Index, sondern trifft eigene Anlegeentscheidungen, die für Anleger erst mit entsprechender Verzögerung im nächsten Anlagebericht nachvollzogen werden können.
  • Handelbarkeit: Ein deutliches Plus des aktiven ETF gegenüber dem “klassischen” Fonds, da hier durch die börsentägliche Handelbarkeit der ETF-Anteile volle Flexibilität für den Anleger bzw. die Anlegerin besteht.

Fazit

Ein aktiver ETF verhält sich also bei Transparenz und Performance wie ein “klassischer” Fonds, bei der Handelbarkeit der ETF-Anteile wie ein passiver ETF und liegt bei den Kosten irgendwo zwischen passivem ETF und “klassischem” Fonds.

Wenn Du Dein Geld also langfristig (> 10 Jahre) anlegen und so ein Vermögen aufbauen willst, dann ist für Dich der Aufbau eines diversifizierten Portfolios mit breit gestreuten passiven ETFs auf große Indizes vermutlich die bessere Wahl. Das haben in den letzten Jahren auch zahlreiche Studien bereits bewiesen.

In aktive ETFs kannst Du investieren, wenn Du ganz gezielt in speziellen Nischen, Branchen oder ausgewählte Ländern investieren willst, in denen der Fondsmanager durch seine Branchen- oder Länderkenntnisse eine spezielle Expertise besitzt und dieses Wissen eine Überrendite (gegenüber der Benchmark) verspricht.

Foto von Markus Winkler

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