Wer sein Geld in einen ETF investieren möchte, muss sich entscheiden, ob er einen ausschüttenden oder thesaurierenden ETF wählt. Was kompliziert klingt, ist aber im Grunde ganz einfach, denn es handelt sich dabei nur um die verschiedenen Arten der Ertragsverwendung. Was Du bei der Entscheidung für eine der beiden Varianten beachten solltest, was die Vor- und Nachteile im Einzelnen sind und warum Dein Anlageziel dabei so wichtig ist, erfährst Du in diesem Beitrag.
Thesaurierender ETF: Gut für die Ansparphase
Beim etwas sperrig klingenden Begriff thesaurierend handelt es sich im Grund um nichts anderes, als die sofortige Wiederanlage von erhaltenen Ausschüttungen durch den ETF. Das können bei einem Aktien-ETF Dividendenzahlungen oder bei einem Anleihe-ETF Erträge aus Zinszahlungen sein.
Durch die direkte Reinvestition der Erträge erhält der Anleger Dividenden und Zinsen nicht auf sein Verrechnungskonto ausgezahlt, sondern der ETF-Anbieter investiert dieses Geld direkt wieder in neue Wertpapiere unter Berücksichtigung der Indexzusammensetzung. Der Anleger profitiert dabei gleich mehrfach. Zum einen fallen für ihn bei der Wiederanlage keine zusätzlichen Brokergebühren für die Wertpapierkäufe an, zum anderen werfen die mit den Erträgen zusätzlich erworbenen Wertpapiere zukünftig ebenfalls wieder Erträge (in Form von Dividenden oder Zinsen) ab, man spricht hier vom Zinseszinseffekt. Auf die Zinsen und Dividenden entfallende Steuern werden beim ETF-Anbieter verteuert, d.h. er reinvestiert dann die Nettobeträge.
Deshalb ist ein thesaurierender ETF vor allem in der Ansparphase geeignet, wenn beispielsweise ein ETF über einen ETF-Sparplan regelmäßig bespart wird und die jährlich erzielten Ausschüttungen direkt wieder reinvestiert werden sollen, ohne dass sich der ETF-Anleger selbst darum kümmern muss.
Ausschüttender ETF: Regelmäßig ein passives Einkommen erhalten
Das Pendant zum thesaurierenden ETF ist der ausschüttende ETF. Hier ist der Name Programm, denn der ETF schüttet die aus den Wertpapieren unterjährige erzielten Dividenden oder Zinseinnahmen direkt an die Anleger aus. Der ETF-Anleger erzielt durch die regelmäßigen Zahlungen ein passives Einkommen, weshalb ein ausschüttender ETF vor allem in der Endnahmephase die bessere Wahl ist.
Im optimalen Fall kann mit den Erträgen aus dem ETF beispielsweise ein zweites Standbein neben der gesetzlichen Altersvorsorge aufgebaut werden, ohne dass Anteile am ETF selbst verkauft werden müssen.
Bei einem in Deutschland ansässigen ETF-Anbieter wird von diesem die Abgeltungssteuer für die Erträge direkt abgeführt, hier muss sich der Anleger also um gar nichts kümmern, da er den Nettobetrag auf seinem Verrechnungskonto erhält. Handelt es sich um einen im Ausland ansässigen ETF-Anbieter, muss der Anleger die erhaltenen Erträge im Rahmen seiner Jahressteuererklärung angeben und versteuern.
Thesaurierender vs. ausschüttender ETF: Das sind die Unterschiede
Grundsätzlich unterscheiden sich thesaurierende und ausschüttende ETFs nur darin, wie mit der unterjährig erzielten Rendite aus Dividenden oder Zinsen umgegangen wird. Ansonsten bilde beide Varianten den zugrunde liegenden Index nach, können die enthaltenen Werte physisch oder synthetisch replizieren und unterscheiden sich in der Regel auch nicht wesentlich bei der TER (Total Expanse Ratio bzw. Gesamtkosten).
Wer also langfristig ein Vermögen aufbauen und sich dabei nicht selbst um die Wiederanlage von unterjährigen Erträgen kümmern will, der wird sich für einen thesaurierenden ETF entscheiden, da hier vor allem der Zinseszinseffekt für ein überdurchschnittliches Wachstum sorgen kann. Wenn dem Anleger dagegen vor allem ein regelmäßiger Zahlungsstrom wichtig ist, dann wird er sich eher für einen ausschüttenden ETF entscheiden.
Steuerliche Behandlung von ausschüttenden und thesaurierenden ETFs
Grundsätzlich werden thesaurierende und ausschüttende ETFs steuerlich gleich behandelt, d.h. über die endgültige Haltedauer hinweg muss die darauf entfallende Steuer am Ende gleich sein. Neu geregelt wurde das durch die Investmentsteuerreform von 2018. Alle Erträge aus Spekulationsgewinnen, Dividenden oder Zinsen aus aktiven oder passiven Fonds unterliegen der Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. der Kirchensteuer. Fällig wird das, sobald der aktuell geltende Freibetrag (Sparerpauschbetrag) von 1.000 Euro (seit Anfang 2023) überschritten wird.
Der Aufwand für ETF-Anleger, die inländische Indexfonds gekauft haben, ist gering, denn der ETF-Anbieter (meist ein Online-Broker) führt die Steuern auf Kapitalerträge, also beispielsweise aus unterjährig erhaltenen Zinsen oder beim Verkauf erzeilten Spekulationsgewinnen, direkt ab. Vom ETF-Anbieter erhält der Anleger dann einen Jahresbericht, der eine Übersicht über alle Erträge und die abgeführte Steuer enthält. Dieser Jahresbericht ist vor allem für Käufer von ausländischen Indexfonds wichtig, denn hier kann es sein, dass sich Anleger selbst um die Besteuerung kümmern müssen, da diese vom Anbieter nicht automatisch abgeführt werden.
Während bei ausschüttenden ETFs die auf unterjährige Ertragszahlungen entfallenden Steuern direkt vom ETF-Anbieter abgeführt werden, gibt es bei thesaurierenden ETFs keine Ertragszahlung an die Anleger, sondern die Beträge werden direkt wieder reinvestiert. Da der Fiskus aber trotzdem seinen Anteil an den ausgeschütteten Beträgen erhalten will, wird eine Vorabpauschale erhoben, die aber am Ende wieder mit der tatsächlichen Höhe der Abgeltungssteuer verrechnet wird, so dass niemanden Nachteile entstehen.